Die letzten beiden Tage haben wir durchgehend geputzt und versucht, diese Wohnung halbwegs sauber zu bekommen. Die hinterlassenen Möbel waren voller Staub und Katzenhaare, also habe ich mir ein Eimerchen geschnappt und den späteren Küchentisch mit so vielen Schichten Fettlöser behandelt, bis sich nicht nur die klebrige Oberfläche, sondern auch die Lackierung aufgelöst hatte. Währenddessen kam die Katze der Vermieter immer wieder vorbei, spielte mit dem Klebeband oder der Zeitung und entsorgte sich am Ende selbst im blauen Sack. Rausscheuchen nutzte nicht viel, schließlich hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch keine Eingangstür, die man hätte verschließen können. Die Wände waren so verkratzt und dreckig, dass ich mehr als froh war, dass mein Dad zwei Eimer Farbe dabei hatte. Und nach mehreren Schichten Alpinaweiß sahen die Räume schon deutlich freundlicher aus und es fällt jetzt nur noch bei sehr genauer Betrachtung auf, dass an manchen Stellen die Rauhfasertapete abgefetzt wurde.
Meine Mutti hat am ersten Tag der Renovierung 6 Stunden im Bad verbracht und alles geschrubbt, während ich meinem Dad beim Abkleben im Wohnzimmer geholfen hab und anschließend die Kommoden im Schlafzimmer ordentlich geputzt habe. Weiter kamen wir leider an diesem Tag nicht und eigentlich hatte ich geplant, abends mit Laura und einer Freundinn einen Trinken zu gehen, schließlich war ja Halloween. Doch am Ende des Tages war ich so erschöpft, dass ich einfach nur Zuhause in meinem Bett schlafen wollte und so fuhr ich mit meinen Eltern nach Hause, wir aßen noch auf halber Strecke bei McDonalds und um neun Uhr lag ich bereits im Bett.
Am nächsten Morgen sind wir dann wieder Hochgefahren und ich habe mich ganz tapfer in der Küche geschlagen. Der Küchenspiegel war super siffig, voll mit Fettpflecken und bappigen Katzenhaaren. Nach mehrfachem einsprühen und einwirken lassen konnte man den Dreck ganz gut entfernen, aber bei jedem drüberwischen fielen mir neue Pflecken auf und es war zum verrückt werden. Am Schlimmsten war die undefinierbare braune Plörre, die hinter dem Vorratsschrank ans Licht kam. Im besten Fall war es gammliges Katzenfutter. Jedenfalls ging ich über meine natürliche Würgegrenze hinaus, um dieses Etwas zu beseitigen. Die Schmerzgrenze meiner Mutter war allerdings höher, so legte sie sich todesmutig unter den Küchenschrank und wichte die jahrealten Fettfützen vom Boden ab. Ich bekam schon vom zusehen Gänsehaut und wartete eigentlich nur darauf, dass ihr etwas wütend entgegensprung, da wir seine Heimat zerstört hatten. Wie man in drei Jahren so viel versiffen kann, ist mir wirklich ein Rätsel. Dazu fanden wir immer mehr Mängel – die der Sohn eigentlich hätte ausbessern sollen, als Gegenleistung dafür dass er billig in der Wohnung leben durfte. Aber gemacht hat er recht wenig, außer Dreck.
Die Spüle war undicht, ebenso wie der Siffon im Badezimmer, aus dem das Dreckwasser im hohen Bogen spritzte, welches Mutti zuvor ins Waschbecken geschüttet hatte. Als wir dem Vermieter dies erzählten, meinte er, er würde es sofort – wenigstens provisorisch – flicken. Am nächsten Tag musste ich dann lachen als ich sah, dass er das Rohr mit Gaffa Tape geklebt hatte. Toll, so hätte ich als Student das auch gemacht ^^ In der Küche ist keine Abschlussleiste und so fließt das Wasser beim Abspülen nach unten und hinter die Küchenzeile, da wird mein Dad was basteln. Auch fehlt die Dunstabzugshaube, die liegt aber angeblich auf dem Dachboden (dort hat sich bis heute noch niemand hochgetraut, keine Ahnung was uns da so erwartet). Die Fenster waren allesamt grün und nach zwei Tagen Putzen waren wir ganz erstaunt, dass die Grundfarbe eigentlich weiß ist. Auch ist der Abfluss in der Dusche verstopft, da fließt überhaupt nichts ab…und warmes Wasser kommt auch nicht aus der Brause, wie ich beim ersten Duschen kurz nach dem Einzug feststellen musste. Die Fußleisten waren erst nicht vorhanden und wurden dann so schief von meinem Vermieter befestigt – das hätte er sich eigentlich auch ganz sparen können.
Ich weiß nicht wie oft ich an diesen Tagen gesaugt habe, aber es nutzte nichts, überall fanden sich Katzenhaare. Selbst die Kommoden und der Vorratsschrank waren voller Haare, anscheinend waren diese Katzen überall. Die Heizung habe ich ebenfalls abgesaugt, die war von Innen komplett plüschig. Die Glastür erkannte man kaum als solche, so vertatscht war sie. Klopapierhalter gibt es auch keinen, also entweder hängt man die Rolle an den Badezimmerheizkörper (und vergisst es jedes Mal, dafür ist es dann schön warm) oder man stellt die Rolle auf die Klobürste – und sieht zu, wie sich die halbe Rolle selbstständig macht, obwohl man eigentlich nur ein Blatt benötigt.
Entrümpelt haben wir auch noch ein wenig, aber es hielt sich in Grenzen. Die gammlige Couch wurde zum Glück bereits nach unten gebracht und auch der kaputte Kleiderschrank befand sich nicht mehr in der Wohnung, dafür aber noch zwei schmale Regale, die ich gerne behalten habe. Kleinigkeiten wurden entfernt wie die gammlige Kaffemaschine, der siffige Mülleimer oder die Mikrowelle, in der offenbar mal Tomatensauce explodiert ist. Da habe ich mir erst gar keine Mühe gemacht, das zu reinigen, sondern die Sachen sind kommentarlos weggeflogen. Auch der Duschvorhang im Bad war fix ausgetauscht und das Katzenhaarversiffte Kehrset, welches im vorherigen Haushalt im Leben niemand benutzt hat.
Um fünf Uhr wurden wir tatsächlich fertig mit der Putz- und Streichaktion. Zwei Tage lang haben meine Eltern und ich unser bestes gegeben, um die Wohnung sauber zu bekommen und ich bin so dankbar, dass sie sich die Mühe gemacht haben und mich so unterstützten. Alleine hätte ich das nie geschafft ! Jetzt fehlen nur noch die Möbel am Wochenende und dann kann ich endlich einziehen 🙂
Anschließend bin ich noch zu Sarah gefahren und sie hat sich als erstes über ihr heutiges Praktikum in Kaliometrie ausgekotzt. Sie durfte sich mittags Ammoniak über die Hand kippen und bekam keine Luft mehr, aber für Handschuhe ist das Geld scheinbar nicht da und Abzüge gab es nicht genügend. Und ich dachte schon, unsere Hochschule hätte nicht viel Geld gehabt, doch wenigstens waren unsere Praktikas gut vorbereitet und es mangelte nicht an Materialien. Hier bekommt jeder seinen eigenen Rührfisch und zwei Spatel, auf die er während dem gesamten Studium aufpassen muss. Es ist schon alles ein wenig anders als bei uns.
Anschließend habe ich ihr von unserer Putzaktion erzählt und jede Menge gruselige Bilder gezeigt von braunen Steckdosen- und Lichtschalterabdeckungen, dem siffigen Küchenspiegel oder den grünen Fensterrahmen. Das war wirklich eins der schaurigsten Halloweens bisjetzt, und das nichtmal beabsichtigt.
Danach redeten wir noch sehr lange von unseren Projekten und obwohl ich nicht viel verstand, als sie von den untersuchten Tensiden in Kastanienschale redete – ich bewunderte sie einfach, weil sie so viel Leidenschaft für ihr Projekt zeigte und so etwas liebe ich. Ich habe auch sehr viel über meine Arbeit in der Stiftung berichtet, was ich alles durchgeführt habe und mein geliebtes HLA-F. Es ist einfach schön, wenn jemand mit Herz und Seele dabei ist und ich glaube wir beide sind die einzigen in unserem ganzen Studiengang, die sich für ihr Thema begeistern konnten und die Zeit richtig genossen haben, in der man forschen konnte. Irgendwann wurde es dann privater und ich habe von meiner Zeit am Campus erzählt, vor allem von Jenny und davon wie wir im ersten Semester die ganze Zeit zusammen verbracht haben. Als es darum ging zu erklären, warum der Kontakt im zweiten Semester abgebrochen war druckste ich erst ein wenig herum, erzählte ihr aber in wenigen Sätzen die ganze Geschichte. Sie schien nicht verwundert, nickte nur und erzählte dann von ihrem Exfreund, der sie mies behandelt hatte. Auch war er der Ansicht gewesen, wenn sie etwas mit einem Mädel hatte war das kein Fremdgehen – und diesen Freifahrtsschein hatte sie ausgenutzt und in den ersten Semestern eine ziemlich wilde Zeit gehabt. Ihr jetziger Freund akzeptiert Bisexualität allerdings und ihm ist sie treu…schade eigentlich, ich hätte gerne gesehen wie sie in der gay bar auf dem Tisch tanzt und ihren Spaß hat. Doch seit sie mit Thomas zusammen ist ist sie ruhiger geworden und einfach nur glücklich, ihn gefunden zu haben.
Wir saßen noch bis nach Mitternacht auf ihrer Couch und quatschten, das war richtig schön. Sie hat mir auch noch das Bettchen schön hergerichtet, so wie beim letzten Mal als ich ungeplant bei den beiden übernachtet hatte und ich bekam sogar noch eine Wärmflasche gegen meinen Hexenschuss, den ich mir wohl beim Putzen eingefangen hatte. So kuschelte ich mich also in das warme Plymo und die ganzen Kissen, legte mir die Wärmflasche an den Rücken und döste in ihrem Tardisshirt und der viel zu großen Boxershort ein. Dabei war ich wirklich gerührt, wie lieb sie war und wie sehr sie sich kümmerte. Ich bekam sogar meine eigene Zahnbürste und das Wohnzimmer war so liebevoll hergerichtet, das bin ich einfach nicht gewohnt.
Am nächsten Morgen klingelte der Wecker pünktlich um 7 Uhr…und wurde eine knappe halbe Stunde ignoriert. Um halb acht trafen wir beide uns dann beim Zähneputzen im Bad, leicht spät dran. Ursprünglich meinte ich, wir sollten anpeilen um viertel vor Acht das Haus zu verlassen. Da lachte Sarah drüber und meinte, wir brauchen doch keine 45 Minuten zur Uni. Acht reicht locker…joar….ich weiß dass ich immer später aus dem Haus gehe als ich es plane – sie wusste das leider noch nicht. So saßen wir also am Frühstückstisch, sie hatte mir noch ein Teechen gemacht und wir aßen unseren Toast – bis wir irgendwann viel zu spät dran waren. Eigentlich wollten wir noch zum Bäcker und ich wollte uns beiden etwas für mittags kaufen, doch das war alles nicht mehr im Zeitbudget drin. So hechteten wir zum Auto und ich raste zur Uni, trotzdem kamen wir ein paar Minuten zu spät…und mussten uns dann ganz nach hinten quetschen. Als ich anfing zu mosern, dass ich doch noch auf Toilette musste und jetzt saßen wir ganz an der Wand, drehte sich Linda fragend zu uns um und Sarah meinte in einer Lautstärke, dass sich sogar die erste Reihe umdrehte “Na wenigstens hab ich ihr heute morgen Frühstück gemacht !“ In dem Tonfall, in dem Sarah das sagte, musste ich einfach schmunzeln 🙂
Die Übung in IR lief dann auch super und wir haben erfolgreich das Spektrum von Butanol weggebuttert. Manchmal erkannten wir freudig eine NH Gruppe oder ein Halogen und Jenny drehte sich genervt zu uns um und meinte nur trocken “Ihr wisst schon, dass die Summenformel angegeben ist und CxHx lautet ?!“. Ich glaub, sie hält uns für dumm – aber das macht nichts. Wir waren stolz auf jede Aufgabe, die wir hinbekommen haben und ich lernte eine Menge. Am Ende warfen wir mit Begriffen wie OH tongue, NH vampire fangs, in plane scissoring bending oder sp3 Hybridisierung nur so um uns und ich denke, alleine schon durch die gemeinsamen Übungen ist mehr hängen geblieben als wenn ich das Thema stundenlang alleine geübt hätte.