Undankbar…

Gestern war es mal wieder soweit – mein Geburtstag stand vor der Tür. Die letzten Jahre war dieser Tag immer eine deprimierende Katastrophe und ich erinnere mich nicht daran, wann ich mal einen richtig tollen Geburtstag hatte. Meistens habe ich mit meinen Eltern, Großeltern und Cousinen draußen gegrillt und abends hat es dann in Strömen geregnet und wir mussten alle nach drinnen flüchten.

Dieses Jahr wollte ich alles anders machen und da es nur noch einen Monat bis zu den letzten Klausuren ist und ich danach viele nicht mehr bzw. nur noch sehr selten sehen werde, wollte ich nochmal die komplette Herde zusammenbringen. Mit allen gemütlich zu grillen und einen tollen Abend zu haben, das war mein Plan. Doch dazu sollte es nicht kommen, denn die Resonanz der anderen war mehr als bescheiden und am Ende war von der ursprünglichen Herde nur Markus da. Aber ehrlich gesagt ist mir das jetzt auch egal, ich habe keinen Nerv mehr irgendwelchen Leuten hinterherzurennen, die sich nicht kümmern. So haben wir halt im kleinen Kreis gefeiert, doch es waren alle da, die mir etwas bedeuten. Meine Cousinen kamen mit ihren Männern – und Börta brachten sie auch mit. diese spielte dann mit Camille, Marias bildhübschem schwarzen Schäferhund. Außer Maria waren noch Bianka und Jenny M. da und natürlich meine vegane Truppe, mit der ich am Vormittag bereits Alpaka wandern war.

Der erste Teil des Tages war wirklich schön. Wir fuhren (viel zu spät) in ein kleines Dörfchen mit einem Cafe und einer Alpaka Herde hinterm Haus und nach kleiner Vorstellrunde spazierten wir zwei Stunden lang mit den putzigen kleinen Tierchen durch den Wald oder machten eine kleine Pause zum grasen und Bilder machen auf einer Wiese. Mit den beiden kleinsten Tieren am Strick, Papillion und Rami, kam ich sehr gut klar und die beiden ließen meine Arme manchmal ein bisschen verknoten, aber ansonsten hüpften sie ganz friedlich neben mir her. Dome und Lama Norbert werden wohl keine besten Freunde mehr werden – dafür verstand sich Michi mit ihrem gefräßigen weißen Flauschtier Perseus umso besser und die beiden bildeten die gemütliche Nachhut. Am Ende des Spaziergangs bekam ich sogar noch einen niedlichen Alpaka Schlüsselanhänger aus Holz zum Geburtstag geschenkt.

So weit, so gut. Den Bach runter ging es erst, als ich beim Einparken in die eigentlich mehr als ausreichend große Parklücke über eine betonbegrenzung schrubbte und mir ein gutes Stück Plastik vorne total verkratzte. Dabei wusste ich dass ich zu früh engeschlagen hatte und wäre ich alleine in dem Auto gewesen, hätte ich nochmal zurückgesetzt, aber da wir zu fünft in dem Auto saßen und ich ja immer so große Töne spucke, das ich IMMER beim ersten Mal in die Parklücke flutsche und alles toll ist, war ich natürlich zu stolz, auf Nummer sicher zu gehen und so passierte das unvermeidliche. Über so viel Dummheit kann man sich wirklich nur noch ärgern :/

Als meine Eltern dann am Campus ankamen war die Stimmung auch alles andere als gut und die Zeit, bis die anderen Gäste eintrafen, verlief sehr schleppend. Gott sei Dank kamen meine Cousinen früher als anfangs gedacht und so konnten wir alle zusammen grillen und essen – wenn auch an drei verschiedenen Bänken. Die Lager spalteten sich auf in Familientisch, Veganer und die restlichen Leute von der Uni und wirklich zusammenbringen konnte ich sie nicht, also hüpfte ich immer von einem Tisch zum anderen und versuchte mit allen ein bisschen zu sprechen und sicherzustellen, dass alle mit Essen versorgt waren und alles gut war.

Meine Laune hielt sich von Anfang an in Grenzen beim grillen und am schlimmsten wurde es, als der Regen uns noch zusätzlich ärgerte. Die anderen taten so, als mache ihnen das nicht viel aus, aber ich fand es total blöd, wie meine beiden veganer Pärchen unter Regenschirmen mitten im Regen saßen, alles um sie herum plitschnass wurde und die anderen Schutz unter dem Baum neben dem Grillplatz suchten. Aber einen Plan B hatte ich nicht und so mussten wir an dem Platz ausharren und hofften, dass es bitte bitte aufhören möge zu regnen. Den Gefallen tat uns das Wetter aber leider nicht und nachdem wir noch Marias richtig leckeren (und sogar veganen…aber dafür mit einem Schuss Holunderblütensirup) Nachtisch im Dunkeln gegessen hatten verabschiedeten sich meine Eltern und meine Cousinen und wir zogen nach drinnen um. Also genau genommen setzten wir uns auf die Treppe im Flur und die restlichen acht Leute tranken noch ein Bierchen, während ich die Augen schloss und mich von Bianka kraulen ließ….aber leider nur so lange, bis ihre Freundschaft+ auftauchte. Er trank dann auch noch ein Bierchen und danach verabschiedeten sich die beiden. Das war für Jenny und Markus auch das Zeichen zum Aufbruch und so blieb am Ende meines ‚Ehrentages‘ nur meine Avocadotruppe übrig. Wir machten es uns in meinem chaotischen Zimmer gemütlich und ich packte meine Geschenke aus 🙂

…und nun, am Tag danach, fühle ich mich wie ein undankbares Miststück und es geht mir total elend. Nicht wegen den Geschenken (also Sekt hab ich jetzt erstmal mehr als genug und an Ausmalunterlagen mangelt es mir auch nicht ^^) sondern weil ich super tolle Freunde gefunden habe die ich wirklich sehr liebe….aber die es mir als einziges Single in der Truppe manchmal schon schwierig machen. Es sind Kleinigkeiten wie eine Umarmung, ein Kuss auf die Wange, den Kopf an die Schulter des anderen lehnen oder ihm über den Rücken streicheln….all diese Gesten machen mir schmerzlich bewusst, was mir im Leben fehlt und wonach ich mich so sehr sehne. Und anstatt dankbar zu sein für diese tollen Menschen, die ich gefunden habe und mit denen ich in den letzten Wochen und Monaten so viel Spaß hatte, die mir die Unizeit um so vieles schöner gemacht haben und die immer für mich da waren, bin ich am Boden zerstört weil ich nicht so sein möchte, wie ich nunmal bin.

Weil es so toll sein könnte, wenn wir im Sommer zu Sechst wegfahren könnten und es kein fünftes Rad am Wagen gäbe sondern jeder jemanden hätte – doch scheinbar bin ich genau zu dieser Rolle verflucht.

Ich will mich nicht ständig in ein Mädel vergucken, was nen Freund hat oder einfach aus offensichtlichen Gründen nicht auf mich steht. Meine Cousinen mit ihren drei Jahren mehr auf dem Rücken haben ihr komplettes Leben beisammen, beide verheiratet und führen dieses typische klischeehafte Leben mit Haus/Auto/gute Jobs/bald Kinder bzw nen Hund, was ich vielleicht niemals haben werde. Nun bin ich schon 22, hatte noch nie eine Beziehung, weigere mich immer noch gegen Onlineportale und habe die Hoffnung aufgegeben, jemanden einfach so durch Zufall zu finden. Ich möchte so einfach nicht sein, ich will ein normales Leben führen wie meine Cousinen auch…doch scheinbar ist mir das nicht gegönnt. :/

(Anmerkung: Ich möchte damit nicht sagen, dass Gleichgeschlechtliche Beziehungen keine ’normale‘ Beziehung führen können wie all die Heteros auch – sondern einfach nur zum Ausdruck bringen, dass ich mich bisher immer nur in die falschen verliebt habe und ich nun wirklich die Schnauze voll habe. Bei mir ist es nicht so, dass ich ausgehe, jemand Interessantes kennen lerne und dann redet man, gibt sich nen Cocktail aus, tauscht Nummern und verabredet sich nochmal…so läuft das vielleicht im Film oder bei Heteros, aber nicht in meinem Leben)

Der nächste Morgen nach meinem Geburtstag…gegessen habe ich nicht viel außer drei Löffel richtig maßtigem Schokokuchen, mir ist übel, ich fühle mich einsam – bin ganz alleine am Campus und ich würde sehr gerne woanders sein…aber auch nicht Zuhause. Da war letzte Woche so viel los mit der Küche, dass ich auch dort nur geflüchtet bin. Ich hätte die Wahl gehabt, heute morgen Heim zu fahren und dann heute mit meinen Cousinen zu einer Weinprobe zu gehen, doch ich sollte mit meinem empfindlichen Magen momentan kein Alkohol trinken und hatte auch keine Lust auf Weinprobe. Nun sitze ich also hier, es ist Sonntag Mittag und die nächste und einzige Vorlesung für diese Woche ist am Mittwoch. Recht viel für die Uni zu erledigen gibt es nicht und Motivation habe ich auch keine, doch ich habe mir das so ausgesucht, wollte lieber hier bleiben als Zuhause etwas mit meinen Cousinen zu unternehmen oder arbeiten zu gehen, also muss ich das nun durchstehen und versuchen, irgendetwas sinnvolles aus den nächsten drei Tagen zu machen.

Was mich immer noch sehr beschäftigt und heute morgen wieder in einer großen Welle erwischt hat ist die Tatsache, dass ich eigentlich ein Zwilling hätte werden sollen. Und dieses Gefühl lässt mich manchmal nicht los, dass ich eigentlich nicht alleine sein sollte sondern dass da noch jemand fehlt, der eigentlich hätte da sein sollen. (In diesem Bezug rede ich jetzt nicht von einer Partnerschaft, sondern einer anderen Art von Beziehung) Ich weiß, dass niemand was dafür kann, dass aus dem anderen Wesen nichts geworden ist und ich letzten Endes als Einzelkind zur Welt kam, doch ich fühle mich nicht als Einzelkind (und wenn es nach meiner Mutter geht, verhalte ich mich auch nicht so sondern man merkt, dass ich eigentlich ein Geschwisterkind sein sollte…vielleicht ist da was dran, ich bin jedenfalls nicht so egoistisch wie alle Einzelkinder die ich kenne, will das aber auch nicht verallgemeinern) und hätte nur zu gerne einen Zwilling gehabt…aber das sind alles Dinge, an denen ich nichts ändern kann. Genau wie an meiner Sexualität, der Tatsache, dass ich keinen Bachelorthesisplatz finde und meine gesamte Zukunft noch in den Sternen steht…

Es nutzt nichts, sich zu viele Gedanken über all die Dinge zu machen, die ich nicht ändern kann. Doch manchmal kann ich es nicht verhindern und alles prasselt trotzdem auf mich ein und scheint mich zu erdrücken…

Und nun, die ersten Tage meines 22igsten Lebensjahres, muss ich erneut lernen, mit all dem umzugehen und das Beste aus meiner Situation zu machen.

 

3 Gedanken zu “Undankbar…

  1. Ja ich finde Geburtstage oft ziemlich anstrengend. Der Tag soll schöner werden als jeder andere Tag und da macht man sich schnell Druck…
    Ich denke, dass es völlig normal ist sich ab einem bestimmten Alter einen Partner oder eine Partnerin zu wünschen. Aber das heißt ja nicht dass du böse auf deine Freunde bist weil sie alle eine Beziehung haben. Sie zeigen dir nur was du jetzt nicht hast und das ist nun einmal nicht so einfach für dich… Und ich glaube nicht, dass deine Cousinen ihr Leben „zusammen“ haben. Es gibt immer Probleme, nur eben andere. Ja sie haben Jobs, aber Arbeit ist auch nicht immer einfach. Sie sind verheiratet, bringt auch Streit und Probleme. Sie haben Häuser, müssen sich also um Finanzierung kümmern und der Kredit kann einen stressen. Das Gras ist nicht immer grüner auf der anderen Seite 😉

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  2. Alles Gute nachträglich zum Geburtstag. 🙂

    Und Kopf hoch! Du bist noch jung! Die Welt steht dir offen!

    Wieso weigerst du dich gegen Onlineportale? Versuche es doch einfach mal! In deiner Situation und in deinem Alter ist es wohl wirklich nicht leicht „einfach so auf der Straße“ jemanden mit der gleichen sexuellen Orientierung zu finden. Onlineportale unterstützen doch nur dabei und können passende Menschen einfacher zusammenführen. Dieses „Verwerfliche“, was bei dem Begriff „Onlinedating“ immer mitschwingt ist total veraltet. Ich würde sagen: Give it a go! Was hast du zu verlieren? 🙂

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